Welche Bedeutung die Kartoffel für Prince Edward Island hat, kann man an der „giant potato“ erkennen, die vor dem Kartoffelmuseum in O’Leary auf einer Metallstütze steht und das Dach des niedrigen Gebäudes noch überragt. Eine Riesenkartoffel, oval, erdbraun, schön gerundet und in den Minuten, als wir sie fotografieren, glänzend nass vom Regen.

Canadian Potato Museum, Prince Edward IslandAls Glooscap, der Gott der Indianer, all die schönen Orte der Welt malte, so erzählt es eine alte Legende der Mi‘kmaq, da tauchte er seinen Pinsel noch einmal in jede Farbe und erschuf „Abegweit“, seine Lieblingsinsel – Prince Edward Island. Mit weißen Stränden, sanft gewelltem grünen Hügelland, roter Steilküste und einer rötlichen, mit goldenen Sandkörnern durchsetzten Erde. Und diese Erde, die fruchtbar ist und reich an Eisen, bietet die allerbesten Voraussetzungen für den Kartoffelanbau, auch deshalb, weil der Boden genau die richtige Menge an Feuchtigkeit speichern kann, die während der Wachstumszeit gebraucht wird.

Feucht ist es wahrhaftig auf Prince Edward Island. Wir hätten ja gerne schöneres Wetter gehabt, um uns an Glooscaps Werk zu erfreuen, doch der Himmel hatte Wichtigeres zu bedenken, er musste schließlich die Kartoffeln bewässern. Reichlich Regen, warme Sommer, kalte Winter mit viel Schneefall, das sind die klimatischen Bedingungen, die das Gedeihen der Kartoffeln fördern.

Prince Edward Island, der Kartoffel-Lieferant für Kanada

Bis zum Horizont erstrecken sich die Felder mit ihren ordentlichen, endlos langen Reihen grüner Kartoffelpflanzen. Jedes Jahr im Juli geraten sie in einen weißen Blütenrausch, und das ist vielleicht die schönste Jahreszeit auf Prince Edward Island. Während die Pflanzen blühen, bilden sie unter der Erde kleine Knollen. Die könnte man schon als Babykartoffeln essen, aber sinnvoll ist es, zu warten, bis das Kraut braun wird und verwelkt, denn dann haben die Knollen ihr Maximum an Masse erreicht.

Kartoffeln von Prince Edward Island

In Sachen Kartoffeln ist die kleine Provinz ganz groß. Mehr als ein Viertel der gesamten kanadischen Kartoffelernte, die jährlich rund 4,5 Millionen Tonnen umfasst, stammt aus den roten Böden der Insel. Angebaut wird die ertragreiche Feldfrucht von etwa 200 Betrieben, wovon die meisten in Familienbesitz sind, und oft arbeiten mehrere Generationen auf einer Farm. Fast jeder Inselbewohner ist auf irgendeine Weise mit der Kartoffelproduktion verbunden, entweder durch seinen eigenen Job oder durch Familie und Freunde. Etwa 60 Prozent der Ernte wandern in die Fabriken großer Hersteller, die die Knollen zu Pommes frites oder Chips verarbeiten. Weitere 30 Prozent werden frisch verkauft, und die restlichen zehn Prozent dienen als Saatkartoffeln.


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„Da, schau mal, Kartoffeln aus PEI!“ Wann immer wir im Osten Kanadas unterwegs sind, feiern wir ein Wiedersehen mit den braunen Knollen von der Insel. Die festen Papiersäcke mit dem Aufdruck ihrer Herkunft sind in jedem Supermarkt zu finden, ob in Ontario, Quebec, den Maritimes oder auf Neufundland.

Da wir an diesem Abend zufällig eine Kochgelegenheit haben, suchen wir uns einen Laden, der die Ware lose verkauft. Abends dampfen die Pellkartoffeln auf unseren Tellern, und wir geben Butter und Salz dazu. Als wir die wohlschmeckenden zarten Knollen essen, pladdert der Regen aufs Dach und gegen die Fensterscheiben. Traumwetter für Kartoffeln …